Der Sommer neigt sich dem Ende zu und es ist Zeit für mich, eine Bilanz zu ziehen. In diesem Beitrag präsentiere ich euch in aufsteigender Reihenfolge meine Top 10 aus allen Büchern, die ich von Juni bis August gelesen habe. Da es meine persönliche Top 10 ist, konzentriere ich mich vor allem auf meinen Lesegeschmack und wie viel Vergnügen ich hatte bei der Lektüre. Ich habe in den drei Monaten insgesamt 31 Bücher gelesen, wobei eine erfreuliche Menge davon gut war und nur ein Buch auf die schlechte Bewertung von einer Kaffeetasse gekommen ist.
#10 – Annabel Abbs: Die Tänzerin von Paris, 14.07.2017 bei Aufbau Taschenbuch
Tanz war meine Antwort – auf alles, was das Leben mir abverlangte.
Paris, 1928: Lucia ist jung, begabt und wird in der Bohème als Tänzerin gefeiert. Aber ihr Vater ist der große James Joyce, und so modern seine Werke auch sein mögen, so argwöhnisch beobachtet er das Streben seiner Tochter nach einem selbstbestimmten Leben. Dann begegnet Lucia dem Schriftsteller Samuel Beckett, der ihre große Liebe wird. Doch ihre Hoffnungen, sich aus dem Schatten des übermächtigen Vaters zu befreien und ihren eigenen Weg gehen zu können, drohen schon bald zu scheitern.
Das tragische Schicksal einer jungen Frau auf der Suche nach Freiheit und Liebe – nach der wahren Geschichte von Lucia Joyce.
Dieses Buch hat mich beim Lesen sehr verstört. Obwohl über weite Strecken nicht ausgesprochen wurde, was tatsächlich das Problem ist, konnte man doch förmlich spüren, wie vergiftet das Familienleben der Joyces war. Annabel Abbs hat es geschafft, einen wundervollen historischen Roman auf biografischen Tatsachen aufzubauen und uns gleichzeitig in die Tiefen der menschlichen Seele zu entführen. Keine leichte Kost, aber es gehört definitiv auf meine Liste der zehn besten Bücher des letzten Quartals!
#9 – M. R. Forbes: Der Nekromant – Totennacht, 18.05.2017 bei Mantikore Verlag
In einer Zeit, in der die Magie in die Welt zurückgekehrt ist, schlägt sich Conor Night mit dubiosen Gelegenheitsjobs durchs Leben. Er selbst hat die Fähigkeit, Tote zum Leben zu erwecken, doch seine Gabe hat einen grausamen Nebeneffekt: Conor ist todkrank. Nur eine verbotene und sehr kostspielige Substanz erhält ihn am Leben. Als er ein lukratives Jobangebot bekommt, kann er nicht widerstehen. Schon bald steht er Mächten gegenüber, die ihm weit überlegen sind, doch auch Conor hat ein paar Tricks auf Lager, mit denen seine Gegner nicht rechnen …
„Totennacht“ ist der Auftakt zur mehrteiligen Urban Fantasy-Reihe „Der Nekromant“ von M. R. Forbes.
Eines der ersten Bücher aus diesem Verlag, die ich gelesen habe, und es hat mich sofort davon überzeugt, mehr aus dem Programm auszuprobieren. Obwohl handwerklich nicht alles gut ist in diesem Buch, ist die Geschichte doch spannend und die Hauptfigur, der Nekromant, ist faszinierend. Dass es verschiedene Formen von Magie und phantastischen Wesen in unserer Welt geben könnte, ist erstaunlich realistisch eingebaut. Und nach wie vor ist die Magie des Nekromanten, seine Würfel, einfach ultra-cool! Ein klarer Favorit für mich.
#8 – Christina Kovac: Stadt der Intrigen, 10.04.2017 bei Penguin
Washington, D.C. – Stadt der Macht, Stadt der Intrigen. In der von Männern beherrschten Nachrichtenwelt hat es Virginia Knightly als Fernsehjournalistin bis fast nach ganz oben geschafft. Sie ist talentiert, ehrgeizig, und sie hat eine Gabe: Wenn sie ein Bild einmal vor Augen hatte, vergisst sie es nie wieder. Als ihr das Foto einer verschwundenen Frau auf den Schreibtisch gelegt wird, weiß sie, dass sie diese schon einmal gesehen hat. Nur wo?
Virginia beginnt zu recherchieren. Noch ahnt sie nicht, dass sie sich in Machtspiele verwickelt, die bis in die höchsten Ränge reichen – und die auch ihr Leben bedrohen.
Ich habe in den letzten drei Monaten viele Thriller gelesen, doch kaum einer konnte mich vollständig überzeugen. Dieses Buch ist eine löbliche Ausnahme, da die Autorin so ziemlich alles richtig gemacht hat. Wir haben richtige, tiefgehende Recherche, die Intrige ist groß genug, aber nicht übertrieben oder direkt eine Bedrohung für die ganze Welt, und die Romanze, die nebenher läuft, hält sich angenehm im Hintergrund. Ein Thriller, bei dem ich nicht aufhören konnte zu lesen, gehört auch definitiv in meine Top 10!
#7 – Kylie Scott: Dirty, Sexy, Love, 26.05.2017 bei LYX
Wenn aus einer Online-Freundschaft plötzlich so viel mehr wird … Alex Parks würde am liebsten im Erdboden versinken. Da hat sie all ihren Mut zusammengenommen, um Eric Collins gegenüberzutreten – dem Mann, mit dem sie seit Monaten online flirtet -, doch der hat keine Ahnung, wer sie ist! Völlig gedemütigt will sie nur eins: nichts wie weg aus Coer d’Alene. Das muss Joe – Erics Bruder – mit allen Mitteln verhindern. Der in sich gekehrte Barkeeper wollte eigentlich nur den Online-Dating-Account seines Bruders löschen, ist dabei aber auf Alex’ Profil gelandet – und hat augenblicklich sein Herz an die lustige, wunderschöne Frau verloren. Doch kann er Alex überzeugen, dass er der Mann ist, in den sie sich online verliebt hat?
Die meisten erotischen Liebesromane bzw. Bücher aus dem Genre New Adult sind in Ordnung, ohne herausragend zu sein. Sie sind sich zu ähnlich und haben zu oft dieselben Fehler. Obwohl auch dieses Buch den klassischen Stereotypen folgt, hat es mich doch besser unterhalten als die meisten anderen Bücher, die ich in den vergangenen Monaten gelesen habe. Die Hauptfiguren sind sympathisch, die Sexszenen heiß, der Plot nachvollziehbar und interessant. Kylie Scott versteht ihr Handwerk und ist auf jeden Fall ein guter Einstieg für jeden, der dieses Genre ausprobieren möchte.
#6 – Jenny-Mai Nuyen: Heartware, 21.07.2017 bei Rowohlt Polaris
Erst verdunkelt sie dein Herz, dann die ganze Welt?
Adam Eli hat seine Chance genutzt: Er ist erfolgreicher Ghostwriter, tut alles, um seine kriminelle Jugend vergessen zu machen. Eines verbindet ihn noch mit seinem alten Leben: Seine große Liebe Willenja. Die letzte Begegnung liegt lange zurück, bis heute weiß er nicht, ob sie es war, die ihn damals verriet.
Antwort darauf verspricht der Internettycoon Balthus – wenn Adam sich an der Suche nach Willenja beteiligt. Denn die junge Frau hat den Prototyp einer künstlichen Intelligenz gestohlen. Um Geld zu erpressen? Oder vielleicht sogar einen Terroranschlag zu verüben?
Eine atemlose Jagd von den Urwäldern Boliviens über Dubai bis Tokio beginnt …
Ein weiterer Thriller, der mich wirklich fesseln konnte. Nicht nur ist der Plot selbst spannend, auch die existentiellen Fragen, die bei der Lektüre unwillkürlich kommen, sind es wert, noch lange über das Buch nachzudenken. Ich hatte das Vergnügen, mit der Autorin im Rahmen einer Leserunde ein wenig über das Buch und über politisch-philosophische Konzepte diskutieren zu können, was den Genuss nur gefördert hat. Zusätzlich sind ausnahmslos alle Hauptpersonen in diesem Buch so besonders, so anders, dass es einfach faszinierend ist, ihnen zuzuschauen. Ein klares Highlight für mich.
#5 – Klaus Cäsar Zehrer: Das Genie, 23.08.2017 bei Diogenes
Boston, 1910. Der elfjährige William James Sidis wird von der amerikanischen Presse als »Wunderjunge von Harvard« gefeiert. Sein Vater Boris, ein bekannter Psychologe mit dem brennenden Ehrgeiz, die Welt durch Bildung zu verbessern, triumphiert. Er hat William von Geburt an mit einem speziellen Lernprogramm trainiert. Durch Anwendung der Sidis-Methode könnten alle Kinder die gleichen Fähigkeiten entwickeln wie sein Sohn, behauptet er. Doch als William erwachsen wird, bricht er mit seinen Eltern und seiner Vergangenheit. Er weigert sich, seine Intelligenz einer Gesellschaft zur Verfügung zu stellen, die von Ausbeutung, Profitsucht und Militärgewalt beherrscht wird. Stattdessen versucht er, sein Leben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten – mit aller Konsequenz.
Wie bei #6 ist auch dieses Buch auf eine Weise interessant, dass man auch nach Abschluss der Lektüre noch über das Gelesene nachdenkt. Fragen von Erziehung, Bildung, psychischen Störungen und dem korrekten politischen System werden so kunstvoll ineinander verwoben, dass man immer wieder innehalten und reflektieren muss. Wie bei #10 basiert auch dieser Roman auf einer wahren Geschichte. Zehrer beweist eine Erzählkunst, die mich hoffen lässt, dass er noch weitere Romane schreiben wird. In meinen Augen ist dies ein Buch, dass man dieses Jahr unbedingt gelesen haben sollte.
#4 – Ilona Jerger: Und Marx stand still in Darwins Garten, 11.08.2017 bei Ullstein
England, 1881. Zwei bedeutende Männer leben nur wenige Meilen voneinander entfernt: Charles Darwin in einem Pfarrhaus in Kent und Karl Marx mitten in London. Beide haben mit ihren Werken, der eine zur Evolution, der andere zur Revolution, die Welt für immer verändert. Beide wissen es und sind stolz darauf. Und doch sind sie schlaflos und melancholisch. Darwin hat den Schöpfer abgeschafft, fühlt sich missverstanden und forscht inzwischen still am Regenwurm. Marx grollt der Welt, wartet ungeduldig auf ein mutiges Proletariat, das den Kapitalismus hinwegfegt, verzettelt sich beim Schreiben und kommt über Band 1 des ‚Kapitals‘ nicht hinaus. Eines Abends begegnen sich die beiden bei einem Dinner zum ersten Mal. Schnell kreist ihre Diskussion um Gott und Gerechtigkeit – doch unausweichlich kommt es zum Streit, und der Abend endet in einem Eklat. Dennoch haben der großbürgerliche Naturforscher und der ewig klamme Revolutionär mehr gemeinsam, als sie sich eingestehen wollen.
Obwohl das Thema dieses Romans – politische Systeme und der Sturz der Kirche – alles andere als leicht ist, habe ich doch selten so viel gelacht wie hier. Der hintergründige Witz, der immer wieder aufblitzt, macht die Lektüre zu einem lockeren Genuss. Spielerisch erfährt man mehr über die Evolutionstheorie und über den Kommunismus, während man zwei alten Männern beim Leiden zusieht. Die Geschichte könnte jederzeit unangenehm abdriften, doch Jerger hält das Schiff beständig auf Kurs und so ist die Erzählung eine runde Sache, die informativ ist und Spaß macht.
#3 – Felix Bonke: Die Tochter der Patientin, 20.03.2017 bei hockebooks
Eigentlich hatte Niklas nicht vor, Arzt zu werden. Im harten Klinikalltag als Assistenzarzt droht er oft genug zu scheitern. Bis die Begegnung mit einer Patientin sein Leben verändert. Melanie Hoffmann leidet an einer unheilbaren Krankheit. Der junge Arzt und die Patientin fassen Vertrauen zueinander, für keinen der beiden eine uneigennützige Angelegenheit: Paulina, die Tochter der Patientin, gehört für Niklas zu den Frauen, die bisher außerhalb seiner Reichweite lagen. Für Melanie Hoffmann hingegen stellt Niklas einen letzten Versuch dar, das kaputte Verhältnis zu ihrer Tochter zu kitten. Denn Paulina wuchs ohne ihre Mutter in Chile auf. Und Melanie Hoffmann hütet ein dunkles Geheimnis aus der Zeit der chilenischen Diktatur. Je tiefer Niklas in die Familiengeschichte hineingezogen wird, desto mehr muss er sich entscheiden, zu welchem Menschen er selbst werden will.
Als ich dieses Buch in die Hand nahm, wusste ich nicht, was mich erwarten würde. Schon die ersten Sätze bewiesen mir, dass der Schreibstil ein Genuss werden würde und dass die männliche Hauptperson angenehm zynisch und optimistisch zugleich in die Welt schaute. Theoretisch ist es ein Arztroman mit einer Romanze, praktisch jedoch ist es viel mehr. Es ist eine Reise ins Innere unserer Herzen, es ist eine Erzählung über den grausamen Realismus des Krankenhausalltags und es ist eine interessante Aufarbeitung eines eher unbekannten Stücks chilenischer Geschichte. Keine Sekunde habe ich mich bei diesem Buch gelangweilt, und so merkwürdig die Charaktere sich bisweilen verhielten, so nachvollziehbar war es doch stets für mich. Dieses wohl eher unbekannte Buch ist mein Geheimtipp für die erste Hälfte von 2017.
#2 – Mariana Leky: Was man von hier aus sehen kann, 18.07.2017 bei DuMont
Selma, eine alte Westerwälderin, kann den Tod voraussehen. Immer, wenn ihr im Traum ein Okapi erscheint, stirbt am nächsten Tag jemand im Dorf. Unklar ist allerdings, wen es treffen wird. Davon, was die Bewohner in den folgenden Stunden fürchten, was sie blindlings wagen, gestehen oder verschwinden lassen, erzählt Mariana Leky in ihrem Roman.
›Was man von hier aus sehen kann‹ ist das Porträt eines Dorfes, in dem alles auf wundersame Weise zusammenhängt. Aber es ist vor allem ein Buch über die Liebe unter schwierigen Vorzeichen, Liebe, die scheinbar immer die ungünstigsten Bedingungen wählt. Für Luise zum Beispiel, Selmas Enkelin, gilt es viele tausend Kilometer zu überbrücken. Denn der Mann, den sie liebt, ist zum Buddhismus konvertiert und lebt in einem Kloster in Japan …
Nicht umsonst habe ich über dieses Buch geschrieben: „Wenn Momo erwachsen wäre“. Die Weisheit der alten Selma, die vor allem gut zuhören kann und gelernt hat, das Leben zu nehmen, wie es kommt, zieht sich als roter Faden durch eine ebenso tragische wie optimistische und wundervolle Geschichte. Der Schreibstil ist besonders, die Charaktere mehr als eigen, das ganze Dorf, in dem die Handlung spielt, verschroben, doch am Ende bemerkt man: Sie alle sind zutiefst menschlich und all ihre Macken gehören dazu. Das Leben ist gut, wie es ist. Für jeden, der eine Erinnerung braucht, dass er (oder sie) genau so gut ist, wie er (oder sie) ist.
#1 – Lisa Strømme: Das Erdbeermädchen, 13.06.2017 bei Heyne
Neben der tiefsten Finsternis strahlt oft das hellste Licht.
Sommer 1893. Die Bewohner von Åsgårdstrand, einem malerischen Fischerdorf an der norwegischen Küste, bereiten sich auf die Ankunft ihrer reichen Sommergäste vor. Die junge Erdbeersammlerin Johanne soll den Sommer über als Dienstmädchen im Hause des Admirals Ihlen arbeiten.
Johanne freundet sich mit Tullik, der impulsiven Tochter des Admirals, an. Als diese eine verbotene Affäre mit dem noch unbekannten Edvard Munch beginnt, der geächtet am Rande des Dorfes lebt, drohen ihre Freundschaft und der bürgerliche Friede in Åsgårdstrand daran zu zerbrechen.
Dieses Buch war in jeder Hinsicht eine Überraschung für mich. Das Cover und der Klappentext erweckten den Eindruck, dass ich eine lockere Sommerromanze bekommen würde. Ich war ungebildet genug, um nicht zu wissen, wer Edvard Munch war. Und am Ende habe ich das Buch innerhalb eines Nachmittags inhaliert, weil ich mich nicht lösen konnte. Die Liebesgeschichte zwischen Tullik und Edvard hat eine Saite in mir zum Klingen gebracht, die ich schon fast vergessen hatte. Der Schreibstil ist außergewöhnlich, die Inspiration für den Roman interessant und die Ausführung rundum gelungen. Ich kann mir fast nicht vorstellen, dass ich dieses Jahr noch ein Buch lesen werde, dass mich so faszinieren und gefangen nehmen wird wie dieses. Hier habe ich einfach alles geliebt.
(Alle Cover und Klappentexte den jeweiligen Verlagsseiten entnommen, die auf der jeweiligen Rezensionsseite verlinkt ist)
Das Erdbeermädchen hört sich super an, kommt direkt auf meine liste 🙂 schöner Beitrag
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Hey!
„Das Genie“ muss ich unbedingt demnächst lesen, das klingt super spannend.
Die Bücher von Kylie Scott interessieren mich sehr, muss mal schauen was davon der erste Band ist und am besten direkt bestellen 😀
Liebe Grüße,
Nicci
#linetzwerk
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