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[Rezension] Danielle Trussoni – Ingenium – Das erste Rätsel

Seit er sich beim Football schwer verletzte und ein Schädel-Hirn-Trauma erlitt, kann der 28-jährige Mike Brink in Sekundenschnelle die komplexesten Rätsel lösen. Als ihn eine Gefängnispsychologin aufgrund seiner besonderen Begabung um Hilfe bitte, willigt er ein: Mike soll die seltsamen Gemälde der stummen Patientin Jess Price entschlüsseln, die wegen Mordes im Gefängnis sitzt. Mike macht sich daran, die verstörenden Rätsel zu lösen, die die schweigende Mörderin ihm stellt. Schon bald wird ihm klar, dass Jess von einer verzweifelten Furcht vor einem Verfolger erfüllt ist, eine Erkenntnis, die ihn zu einem Jahrhunderte alten Mysterium führt, das nie von einem Menschen gelöst werden sollte.


Ein Buch wie dieses zu bewerten, fällt mir immer sehr schwer. Es gehört genau zu der Sorte Bücher, die ich innerhalb von einer Sitzung inhalieren könnte, wenn ich nicht zwischendurch essen oder trinken müsste. Alles an diesem Buch scheint genau auf meinen Geschmack ausgerichtet zu sein. Aber dann sind da die kleinen handwerklichen Missgriffe und ungelenk eingesetzten Tropes, die mir sagen, dass das Buch eben doch kein Meisterwerk ist.

Was Ingenium richtig gut kann, ist, uns Konzepte, Hintergrundgeschichten und Theorien zu erklären. Ein Großteil des Buchs ähnelt beinahe einem Aufsatz – was für manche abschreckend sein mag, hat mich von der ersten Seite an begeistert. Zu keinem Zeitpunkt waren die Ausführungen über Rätsel, Religion oder Computerwissenschaft für mich langweilig und nie hatte ich das Gefühl, etwas nicht zu verstehen. Das ist eine erstaunliche Leistung, gerade weil hier Wissenschaften benutzt wurden, von denen ich zuvor quasi keine Ahnung hatte. Genau deswegen habe ich das Buch genossen und kaum aus der Hand legen wollen. Es war einfach interessant.

Auf der anderen Seite steht der Plot, der sich dem Thriller-Genre einfügen muss und deswegen sowohl Spannung als auch Action braucht. Hier war manchmal eine geradezu aggressive Vernachlässigung von Recherche und Logik zu lesen, die im starken Kontrast zu dem stand, was die Autorin in das Setting investiert hat. Gerade zum Ende gab es einige Szenen, die ich nur augenrollend hinnehmen konnte mit dem Gedanken, dass das natürlich vorkommen muss. Es war für mich beinahe mit den Händen greifbar, wie wenig die Autorin sich für diese Teile der Geschichte interessierte. Ich kann das nachvollziehen – es braucht diese Szenen, um uns von Punkt A nach Punkt B zu bringen, aber sie sind nicht das, worum es hier eigentlich geht.

Das ist der Grund, warum ich diesem Buch keine volle Punktzahl geben kann. Obwohl es definitiv zu meinen Lieblingsbüchern der vergangenen Jahre zählt und ich mich definitiv auf den nächsten Band freue, sind doch einige Unebenheiten im Buch zu finden, die man besser machen könnte. Die Hauptcharaktere sind einzigartig und schon nach wenigen Seiten greifbar und lebhaft. Die Nebenfiguren glänzen, weil sie alle ihre eigene Agenda zu haben scheinen. Der Plot folgt den klassischen Punkten und Tropes, die einen Thriller ausmachen. Nur wenn es darum geht, Spannung durch Action zu erzeugen, schwächelt das Buch. Wer sich darauf einlassen kann zu lesen, wie religiöse Texte und Religionswissenschaft moderne Probleme und moderne Wissenschaft revolutionieren könnte, hat mit diesem Buch auf jeden Fall einen Schatz in der Hand.

Fazit

Der Thriller „Ingenium – Das erste Rätsel“ von Danielle Trussoni besticht durch umfassend recherchierte und spannend aufbereitete wissenschaftliche Analyse. Jede neue Entdeckung, jede neue Theorie macht neugierig darauf, wie es sich auf den Kernkonflikt auswirkt und was wirklich hinter dem zentralen Rätsel steckt. Während die Action eher müde auf bekannte Tropes setzt, glänzen die Charaktere durch ihre Einzigartigkeit. Für jeden, der beim Lesen auch gerne lernt und sich nicht von langen Erklärungspassagen abschrecken lässt, ist dieses Buch absolut Gold wert.

3p


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Autorin: Danielle Trussoni
Übersetzer: Jürgen Bürger, Kathrin Bielfeldt
Genre: Thriller
Reihe: The Puzzle Master 1
Erschienen: 4. September 2023 bei Hoffmann und Campe
Ausgabe: Klappenbroschur, 432 Seiten

Vielen Dank an Vorablesen und Hoffmann und Campe für das Bereitstellen des Leseexemplars.

*Cover, Klappentext und bibliografische Angaben entnommen von hoffmann-und-campe.de.

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