Grau ist alle Theorie, wie es so schön heißt, und daher habe ich mich mit zwei Autorinnen unterhalten, die beide bereits bei Amazon ihre Bücher selbst veröffentlicht haben. Ich begrüße ganz herzlich Charlotte Zeiler, welche nicht nur im Self-Publishing tätig ist, sondern nun auch im Drachenmond Verlag veröffentlicht hat. Ihr Roman La Vita Seconda nimmt den Leser mit auf eine Zeitreise, die kunstvoll eine Verbindung von der Gegenwart zurück ins 17. Jahrhundert schlägt. Mit dabei ist außerdem Nicole Beisel, die schon diverse Bücher bei Amazon im Self-Publishing veröffentlicht hat. In ihrem erfolgreichsten Roman Der Ruf des Albatros beschreibt sie mit emotionaler Intensivität die gemeinsame Reise zweier Menschen und vermittelt ihren Lesern ein Gefühl der Hoffnung in scheinbar trostlosen Situationen.
Willkommen. Ich danke euch beiden, dass ihr euch die Zeit für mich genommen habt. Lasst uns also direkt einsteigen! Als ihr euer erstes Buch fertigt hattet, habt ihr euch da direkt für Self-Publishing entschieden?
Nicole Beisel
Ich habe mich direkt für das SP entschlossen, weil ich keine Hoffnung sah, bei einem Verlag unterzukommen. Zudem hat ein Bekannter von mir selbst über KDP veröffentlicht, durch diesen bin ich überhaupt auch erst auf die Idee gekommen, meine Bücher zu veröffentlichen.
Charlotte Zeiler
Ich habe im Vorfeld nur Absagen von Literaturagenturen bekommen, deshalb habe ich mir gar nicht erst getraut, mich bei Verlagen zu bewerben. Der einzige Weg war daher Self-Publishing.
Welche Erfahrungen habt ihr bisher mit Self-Publishing im Gegensatz zu traditioneller Veröffentlichung im Verlag gemacht? Wie fällt insbesondere der Unterschied im Marketing aus?
Nicole Beisel
Bei mir ist es so, dass ich selbst seit Jahren Self-Publishing betreibe, von Anfang auch über Kindle Direct Publishing (KDP), und jetzt bin ich für mein neues Buch bei einem kleinen Verlag untergekommen mit Aussicht auf weitere Veröffentlichungen. Also verlagstechnisch muss ich meine Erfahrungen erst noch sammeln. Vorteil vom SP bei KDP ist natürlich die Option auf 70% Tantiemen, bei niedrigen Preisen 30%. Das ist immer noch mehr, als man bei einem Verlag erhalten würde. Allerdings hast du ja das Marketing-„Problem“ schon angesprochen. Jeder Verlag ist anders und jeder SPler vermarktet und wirbt anders. Das liegt teilweise am Budget, an den Ideen und der Kreativität, am Genre (Was ist gerade angesagt?) und am Leserstamm, sofern man sich schon einen aufbauen konnte. Und dazu kommen wir auch schon zu den Stammlesern, die tatsächlich meist über Facebook oder andere Social Networks auf dem Laufenden bleiben und sich alle Bücher des Lieblingsautors kaufen. Außerdem gibt es wohl seit kurzem die Option, dem Lieblingsautor bei Amazon zu folgen und so über neue Veröffentlichungen auf dem Laufenden zu bleiben.
Charlotte Zeiler
Ich habe für mein Self-Publishing-Buch einmalig für 3 Monate ein Marketing Paket zusätzlich gebucht. Hat aber leider nicht viel gebracht. Ansonsten mache ich fast alles selbst.
Richtig, Amazon bietet die Möglichkeit, einem Autor zu folgen und bei neuen Veröffentlichung mittels Mail informiert zu werden. Das scheint noch eine recht neue Funktion zu sein, die wohl auch noch in den Kinderschuhen steckt. Nicole, du sprachst von bis zu 70% Gewinnbeteiligung bei Amazon. Denkt ihr, dass man bei Verlagen mit ähnlichen Prozenten rechnen kann?
Nicole Beisel
Das wäre mir neu. Ich habe eine Beteiligung von 10% bzw. 30%.
Charlotte Zeiler
Das glaube ich nicht. Höchstens bei den Nebenrechten (Verfilmung etc.), vielleicht ca.50%.
Habt ihr persönlich eine Stammleser-Basis?
Nicole Beisel
Ja, eine kleine, aber immerhin.
Magst du mir ein wenig erzählen, wie du mit diesen Stammlesern interagierst, wie du sie „geworben“ hast und was du machst, um sie zu halten?
Nicole Beisel
Geworben habe ich sie wohl alle entweder über Facebook oder direkt in meinem Freundes- und Bekanntenkreis. Gerade hier über Facebook erfahren sie immer alles über neue Romane und aktuelle Projekte. Was ich tue, um sie zu halten? Eigentlich nichts. Ich muss niemanden „halten“, jeder darf sich frei fühlen, meine Bücher zu lesen. Ist das Interesse da, werden neue Bücher schnell erworben. Das Drucken von Lesezeichen oder kleine Gewinnspiele und der Verkauf signierter Exemplare kamen immer gut an, das wird wohl auch hilfreich gewesen sein.
Nutzt ihr eine eigene Facebook-Seite für die Schriftstellertätigkeit?
Nicole Beisel
Ja, ich habe eine eigene Seite, wo ich hin und wieder auf meine Tätigkeit hinweise, aber auch auf meinem privaten Profil halte ich meine Leser gerne auf dem Laufenden.
Charlotte Zeiler
Google+ läuft bei mir eindeutig besser.
Kümmert ihr euch beim Marketing um alles selbst?
Charlotte Zeiler
Ich mache immer noch viel in Sachen Marketing. Enger Kontakt zum Leser, geführte Leserunden auf Lovelybooks. Mittlerweile kontaktieren die Blogger aber auch schon mich. Am Anfang habe ich einzelne Blogger persönlich angeschrieben. Außerdem nutze ich verschiedene Facebookgruppen für eine erste Kontaktaufnahme
Nicole Beisel
Um solche Dinge kümmere ich mich selbst. Letztlich beim Flashmob hier auf Facebook, der von einer Kollegin für mich auf die Beine gestellt wurde, hat sie das komplette Programm übernommen, um mich zu unterstützen, wofür ich ihr wahnsinnig dankbar bin.
Ein Flashmob?
Nicole Beisel
Eine Veranstaltung auf Facebook. Alle meine bisher veröffentlichten Bücher wurden mit Links, Klappentexten, Textauszügen und Covern vorgestellt und mit dem Besitz oder dem Kauf meiner Bücher konnte man Punkte sammeln. Das ging ein ganzes Wochenende lang und am Ende wurden die Punkte ausgewertet und der Sieger benannt.
Oh, das ist eine sehr kreative Idee. Das ist für deine Fans sicher auch eine gute Möglichkeit, mal mit ihrer „Treue“ angeben zu können. Wie kam es dazu, dass ihr jetzt einen Verlag statt SP nutzen wollt?
Nicole Beisel
Ich betreibe schon lange Self-Publishing und habe gemerkt, dass ich mit meinen Büchern mehr erreichen will, mehr Leser gewinne und für meine Bücher begeistern will, doch meine Marketingfähigkeiten reichen einfach nicht aus. Ich wollte es einfach mal über einen Verlag versuchen, und da bekam ich ein Angebot von einem Verlag, für den ich auch als Korrektorin tätig bin. Daraus wurde nun eine feste Zusammenarbeit, gestern kam mein erster Verlagsvertrag bei mir an. Ich bin gespannt, ob ich so noch weitere Leser für mich gewinnen kann.
Charlotte Zeiler
Ich wollte schon immer in den stationären. Buchhandel. Ich liebe einfach die Buchläden, die Atmosphäre dort. Mit dem Verlagsangebot wurde mir ein großer Traum erfüllt.
Wenn man mit SP halbwegs erfolgreich ist und zeigen kann, dass man nicht nur ein Buch schreibt, ist es vermutlich später auch leichter, sich bei einem Verlag zu bewerben. Nicole, du sagtest ja, dass dein Vertrag jetzt von einem Verlag kommt, für den du bereits als Korrektor arbeitest. Hast du das gelernt/studiert, oder dich einfach durch exzellente Arbeit empfohlen?
Nicole Beisel
Das Ganze hat sich durch einen „Freundschaftsdienst“ für eine befreundete Autorin ergeben. Sie hatte ihr Werk veröffentlicht, als wir uns über Facebook kennenlernten. Wir verstanden uns auf Anhieb und nach kurzer Zeit erzählte sie mir, wie traurig sie über die negativen Rezensionen sei. Ich bot ihr an, ihr Werk zu überprüfen und konnte es tatsächlich um einiges verbessern, wie auch nachfolgende Rezensionen zeigten. Danach war ich offiziell nebenberuflich als Korrektorin tätig und habe auch ihre weiteren Werke korrigiert. Man sah die Veränderung deutlich an den Rezensionen und mit der Zeit habe ich weitere Kunden gewonnen. Nachdem meine Tochter Anfang letzten Jahres auf die Welt kam, habe ich meine Arbeit vertieft und bin seit Ende der Elternzeit als Korrektorin und PR-Texterin selbständig und bis auf das Sommerloch läuft es sehr gut. :Durch eine weitere Autorin hier auf FB wurde ich meinem jetzigen Verlag als Korrektorin empfohlen, und so kamen der Verlag und ich in Kontakt.
Hast du selbst für deine Bücher noch jemanden, der drauf schaut, oder bist du da selbstbewusst genug, dass du weißt, was du tust?
Nicole Beisel
Auch meine Bücher werden vor der Veröffentlichung von Dritten überarbeitet. Für die eigenen Texte ist man oft blind, sodass man vieles beim Überarbeiten noch übersieht.
Arbeitet ihr mit Buch-Bloggern zusammen, die Rezensionen auf ihren Blogs für euch veröffentlichen? Wenn ja, wie ist eure Erfahrung?
Nicole Beisel
Ich selbst habe zur Anfangszeit Rezensionsexemplare rausgegeben, aber leider nur ganz selten Rückmeldung erhalten. Seitdem gebe ich keine Exemplare mehr raus, aber es gibt hin und wieder Blogger, die mich mit Buchtipps, Autorentagen und Präsentationen unterstützen.
Charlotte Zeiler
Sehr gute Erfahrungen. Ihnen habe ich viel zu verdanken. Fast alle Rezensionen kommen von ihnen. Der „Otto-Normal-Leser“ schreibt kaum Rezensionen.
Vielen Dank euch beiden für das ausführliche Interview.
Da sieht man schön die Bandbreite der Erfahrungen. Die eine schwärmt von Google+ – das bei mir überhaupt nicht läuft – und zur letzten Frage wegen der Reziexemplare zwei völlig konträre Erfahrungen.
Letztlich kommt es immer darauf an, wie man es selbst als am besten empfindet.
Ich habe dank der Verlagsveröffentlichung nun schon ein kleines Trüppchen an Bloggern, die mein Debüt positiv aufgenommen haben und teilweise direkt nach einer Fortsetzung gefragt haben – da habe ich mich sehr drüber gefreut, dass die nun auch den zweiten Streich rezensieren wollen.
Aber so eine Klinkenputzerei wie beim Debüt, nein, das muss ich mir zum Glück nicht mehr geben!
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Gerade als Self-Publishing-Autor muss man am Anfang viele Klinken putzen, das ist richtig. Ich glaube auch, dass man hier viel Glück braucht, um nicht nur nette Blogger zu finden, sondern vor allem auch welche, die wirklich echtes Interesse an den eigenen Büchern haben. Das ist dann ja auch für den Blogger ein Glücksgriff und umso motivierter sind diese, sich mit dem Buch – und zukünftigen – auseinanderzusetzen. Aber wenn man leider nicht gut ankommt, spiegelt sich das eben auch im Verhalten und ggf. den Rezensionen wieder.
Diese Woche kommt übrigens noch ein Interview mit Buch-Bloggern, um auch die andere Seite zu sehen 😀
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